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Burgdorf, Schweiz
AutorenbildYvonne Friedli

"Believe in your dreams"

Aktualisiert: 10. Apr. 2021



(Bild: Eigene Quelle. Zum verkaufen, Angebote werden entgegengenommen. :) )


Dieser so oft zitierte Spruch steht bei mir hier im Arbeitszimmer auf dem Fensterbrett. Ich lese ihn in letzter Zeit oft und versuche ihn zu verinnerlichen. Es gibt ihn in vielen ähnlichen Variationen. "Lebe Deine Träume, träum nicht Dein Leben" mag ich auch gerne. Beide Sprüche beinhalten viel Wahrheit. Wer keine Träume mehr hat, an die er glauben kann und für die er leben kann, ist arm dran und emotional meistens ziemlich in einer Sackgasse gelandet. Unser Leben beinhaltet so viele Möglichkeiten, die es auszulotsen gilt. Manchmal rückt die Erfüllung der Träume in weite Ferne, doch der Glaube an die Erfüllung hält sie trotz allem lebendig und wir finden Kraft, weiter zu gehen und für unsere Lebensziele und Träume zu kämpfen. So war es schon immer und so wird es hoffentlich noch lange bleiben, egal was kommen mag.

Doch zur Zeit sterben viele Träume. Wir alle kommen an unsere Grenzen. Dieser zweite Lockdown "light" wie es die Politiker nennen, ist für uns Kunstschaffende wirklich "heavy" und mehr als das. Er ist ein Traum-Killer. Ich frage mich immer mehr, was von unserer Kultur und unserer Gesellschaft nach dieser ganzen Pandemie noch bleibt ausser Schutt und Asche. Jene, die vor der Pandemie bekannt waren, werden es auch nach der Pandemie noch sein. Jene, die Festangestellt waren, überleben auch, weil sie dann einfach dort weitermachen können, wo sie aufgehört haben. Es wird wahrscheinlich auf lange Zeit viel weniger Gäste an den Theatern benötigen, das heisst für uns Freischaffende noch weniger Vorsingen und Vorspiele, noch weniger Chancen in einem sowieso schon hart umkämpften und oft auch schlecht bezahlten Beruf, wahrscheinlich noch mehr Lohndumping, als es sonst schon gibt.

Ich habe neulich einen Artikel der Zeit online gelesen, wo der Journalist vorgeschlagen hat, dass die freischaffenden Musiker halt mehr mit den Kirche kooperieren müssten und wenn die Museen wieder auf haben, mit den Museen, so dass es Kultur und Kunstübergreiffender würde, statt wie Till Brönner, sich mit irgendwelchen Zahlen, die nicht stimmen könnten Luft und Gehör zu verschaffen. Die Kunst solle bei dem bleiben was sie sei und könne und nicht wegem 2. Lockdown aufschreien. Die Kultur sei schliesslich nicht für alle da.

Der Journalist hat gut schreiben.

Erstens: Ich bin Till Brönner sehr dankbar für seinen Beitrag, wo er soviele Dinge wirklich beim Namen nennt. Danke dafür!

Zweitens: Die Kooperation mit den Kirchen findet bereits statt. Nur werden Gottesdienste häufig so schlecht bezahlt, dass wir freischaffenden Musiker nicht davon leben können. Auch die Kooperationen mit den Museen findet vielerorts bereits statt und wird sich sicher zukunftsweisend weiter entwickeln, also auch keine neue bahnbrechende Idee.

Und Drittens: Kultur ist für alle da! Vom Schlager, über Rock, Pop bis hin zur Klassik und zum Jazz. Jedem ist es frei gestellt Musik zu hören, im Radio oder live, Fernsehen zu schauen, wo in jedem Spielfilm Schauspiel zu sehen ist oder wenn nicht gerade alles Pandemie bedingt zu ist ins Theater, Museum oder Konzert zu gehen. Kultur ist mit Nichten ein Luxusproblem! Es ist ein wichtiger und gewichtiger Teil unserer Gesellschaft.

Und: Nein, wir Kunstschaffenden werden nicht mehr brav still sein! Das waren wir viel zu lange! Wir haben das Recht und die Pflicht aufmerksam auf unsere Situation zu machen, die mit jedem erneuten Lockdown schwieriger und auswegloser wird! Die allermeisten von uns haben ein mehrjähriges Studium hinter sich, mindestens 4 Jahre an einer Hochschule. Dieses Studium haben wir nur machen können, nach dem wir ein strenges Auswahlverfahren hinter uns gebracht haben. Die Instrumentalisten unter uns sind seit ihrer frühen Kindheit mit Hingabe, Disziplin und viel Wille dabei ihre Kunst am Instrument zu perfektionieren um davon leben zu können. Es stecken unzählige tausende von Stunden der Arbeit und Disziplin dahinter, die nicht ersichtlich sind für das Publikum und die von der Politik offensichtlich nicht gewürdigt werden.

Die jetzigen Massnahmen sind für mich sehr schlecht nachvollziehbar, eigentlich nur dann, wenn ich meinen gesunden Menschenverstand ausschalte. Es sind zu viele Widersprüche darin enthalten. Friseure dürfen auf haben, die Kosmetik- und Nagelstudios aber nicht. Wenn jemand seine Nägel machen lässt, ist der körperliche Abstand grösser als beim Friseur...oder wo liegt der Unterschied ob ich durch eine Shoppingmall bummle oder durch ein Museum, das von der Fläche her oftmals grosszügiger ist und weniger dicht besucht? Ich verstehe es nicht.

Opern-, Konzerthäuser und Theater haben solch ausgeklügelte Hygienekonzepte vorgelegt und umgesetzt. Die Häuser gleichen Virenhochsicherheitstrakten im Gegensatz zu vielen Einkaufsläden, wo eigentlich nur noch eine Person pro 10 Quadratmeter sein dürfte. Ich sehe leider oft auf einen Blick, dass viel mehr Kund*innen in den Läden sind und es wird nicht kontrolliert oder viel zu wenig.

Warum hat die Regierung nach dem Frühjahr und dem 1. Lockdown nicht an die Dringlichkeit der Homeoffice appelliert oder sie ganz beibehalten, bis die Pandemie vorüber ist, für alle Bürger*innen denen es möglich ist, mit vielleicht einem oder zwei Präsenztagen in der Woche? Damit wäre gewährleistet, dass viel weniger Menschen von A nach B fahren müssten und zu Hause bleiben würden. Die S- und U-Bahnen hier in Berlin sind nach wie vor sehr gut gefüllt! Ja, es ist nicht belegt, dass die Ansteckungen in den öffentlichen Verkehrsmittel stattfindet, aber trotzdem, werfen wir mal einen genaueren Blick darauf: Die Kanzlerin hat die ganzen Kulturstätten dicht gemacht für vorerst November mit der Begründung, dass 70% der Neuansteckungen nicht mehr zurückverfolgt werden könnten.

In den öffentlichen Verkehrsmittel habe ich keine Möglichkeit den mindest Abstand einzuhalten in Zeiten der Rushhour und es stehen keine Desinfektionsmittel bereit wie in den Theatern, Konzert und Opernhäuser. Leider gibt es immer wieder Menschen, die in Öffentlichenverkehrsmitteln gar keine oder die Masken einfach falsch tragen, so dass sie nutzlos ist. Wird auch nicht oder viel zu wenig kontrolliert, warum auch immer. In Kulturstätten ist das Maskentragen selbstverständlich und wird vom Publikum, das oft selber zur sogenannten "Risikogruppe" gehört, ohne grösseren Widerstand umgesetzt. Ich finde es sehr schade, dass die Regierung hier keine Differenzierung zulässt und einfach alles zu macht, was in ihrer Betrachtungsweise und aus ihrem Blickwinkel nicht notwendig ist für die Leben der Menschen und vor allem für die Wirtschaft. Dass es hier nicht nur um das wirtschaftliche Wohl sondern vor allem um das psychische Wohl der Menschen unserer Gesellschaft geht, wird vergessen.

Leider lässt es sich nicht leugnen, dass die Ansteckungen in den letzten Wochen rapide nach oben gegangen sind. Ich bin ganz ehrlich: Ich möchte, wenn es irgendwie vermeidbar ist meine Familie und mich nicht mit dem Virus anstecken. Das Virus erscheint mir wie eine Blackbox mit noch vielen Unbekannten, vor allem was Spätfolgen anbelangt, auch bei sogenannt milden Verläufen. Es tut mir leid für jeden und jede, die sich mit dem Virus infiziert und einen schweren Verlauf hat. Es tut mir für alle Familien leid, die ein Familienmitglied verloren haben infolge von Covid-19. Sei es nun dass er/sie mit Corona oder an Corona gestorben ist. Ich wünsche all diesen Menschen von Herzen Kraft und Mut!

Ich wünsche an dieser Stelle auch allen Menschen, die an der Front in den ganzen Krankenhäusern und auf den Intensivstationen arbeiten viel Kraft und Durchhaltevermögen. Für uns Aussenstehende ist es sehr schwer nachvollziehbar, was diese Menschen zur Zeit leisten und ein Ende ist nicht abzusehen. Wir alle befinden uns auf einer Art Pandemiemarathon. Wir sind irgendwo auf den 42 Kilometern. Keiner weiss auf welchem Kilometer wir uns befinden. Viele sind müde, doch der Kampf um unsere Gesundheit, um unsere Existenzen geht weiter.

Ich finde es sehr schwer zu beobachten, wieviele Existenzen durch die Massnahmen zerstört werden und gleichzeitig zu wissen, dass damit der Versuch unternommen wird, Menschenleben zu retten. Wovon sollen wir leben, wenn wir keine Existenz mehr haben?

Wir alle, die zu unserer Gesellschaft gehören sind schützenswerte. Wir alle haben eine Daseinsberechtigung. Wir alle tragen unseren Anteil für unsere Gesellschaft bei.

Es ist bitter, dass wir schon wieder mit einem Berufsverbot belegt werden, nach all unseren Anstrengungen und Bemühungen, dass so viele unserer Existenzen so massiv bedroht werden und nicht nur in der Kultur, auch in der Gastronomie und im Gastgewerbe.

Was bleibt von uns als Gesellschaft nach dieser Pandemie übrig? Was bleibt von unserer Kulturlandschaft übrig? Lohnt es sich für jeden einzelnen von uns an seinen Träumen fest zu halten und den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen? Es sind sehr schwierige Fragen, die jeder von uns mit sich alleine ausmachen muss. In dieser Pandemie gibt es soviel Einsamkeit. Innere und äussere und so wenig verlässliche Hilfe von aussen. Nichts ist planbar, alles ist offen. Wir können uns noch so anstrengen und bemühen zuletzt war alles umsonst, wie man jetzt im Falle der Kulturschaffenden mit diesem zweiten Lockdown sieht.

Gerade deswegen erscheint es mir wichtig, dass ich physisch und psychisch gesund bleibe.

Ich übe weiter, ich mache wieder mehr Sport. Ich unterrichte. Ich versuche meinem Dasein eine Struktur und eine Richtung zu geben. Es ist unfair meine Ängste, die durchaus berechtigt sind, auf meinen Mann oder meine Tochter abzuwälzen indem ich oft schroff reagiere oder ungeduldig bin. Ich kann die äusseren Umstände nicht ändern. Aber ich kann meine innere Haltung zu mir selber ändern und daran arbeite ich. Es ist noch zu früh meine Träume sterben zu lassen.

Believe in your dreams.

I believe in my dreams! I go on and I fight for them.








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