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Burgdorf, Schweiz
AutorenbildYvonne Friedli

Die lieben Hormone Teil 1- Stress

Aktualisiert: 10. Apr. 2021



Unser Leben und unser sein ist von Hormonen beeinflusst. Jedes Lebewesen wird gewissermassen von Hormonen gesteuert. Hormone beeinflussen unter anderem unser Wachstum. Ein ausgeglichener Hormonhaushalt bedeutet auch gewissermassen gesund zu sein. Beim Wort "Hormon" assoziieren die allermeisten vor allem den weiblichen Zyklus. Doch Hormone sind so viel mehr als "nur" der weibliche Zyklus.

Doch was sind Hormone eigentlich? Eine Warnung vorneweg: Ich bin kein Arzt, also werde ich hier auch keine perfekte Abhandlung über Hormone liefern, aber doch einen hoffentlich allgemein verständlichen Überblick.

In diesem ersten Teil möchte ich auf den Stress eingehen. Negativen und Positiven.


Ein Hormon ist primär ein biochemischer Botenstoff, der von gewissen Zellen produziert wird und in Endzellen auf verschiedene Vorgänge einwirkt, diese steuert und in Stoffwechselprozesse der Zellen einen Einfluss hat. Hormone können aber nur in den für sie bestimmten Zellen wirken, weil sie nur zu ganz bestimmten Zellen passende Rezeptoren haben, also dort andocken können. Sie werden auch nicht im ganzen Körper produziert, sondern nur in ganz bestimmten Regionen: In der Hypophyse (Hirnanhangdrüse) in den Langhansschenzellen der Bauchspeicheldrüse, der Zirbeldrüse, der Schilddrüse und in den Nebennierenrinde. Es gibt auch Neurohormone, die von gewissen Nervenzellen gebildet werden und dann die Geschlechtshormone, die in den Geschlechtsorganen gebildet werden.

Hormone lösen verschiedene Prozesse im Körper aus: Zum Beispiel den Stoffwechsel, die Sexualentwicklung und den Sexualtrieb, Knochenwachstum, Geistige Aktivität, also Anpassung an Angst und Stress und den Thyreotroper Regelkreis.

Viele Hormone können inzwischen auch synthetisch hergestellt werden, wie Beispielsweise Verhütungshormone. Der Nachteil dieser Hormone ist, dass sie von der Natur nicht abgebaut werden können. Sie gelangen über das Wasser in den Naturkreislauf und zurück zu uns und beeinflusst uns Menschen, aber auch die Tiere, meistens eher negativ.

In Zeiten, die uns sehr beanspruchen sind wir gestresst. Um die maximale Leistung zu erbringen hilft uns unser Körper:

Über die Nebennieren wird das Hormon Adrenalin und Noradreanlin ausgeschüttet. Diese bewirken, dass der Blutdruck etwas steigt, der O2 Gehalt im Blut sich erhöht, mehr Blutzucker und Blutfette gebraucht werden. Wir fühlen uns erst mal wacher und leistungsfähiger, können uns sehr gut konzentrieren oder eben im Fluchtfall schnell rennen. Der Sauerstoff wird mit Hilfe des Cortisol in die Muskeln transportiert.

Wenn wir länger Stress ausgesetzt sind ist es so, dass sich die Hormone auf unser Immunsystem auswirken. Die Zusammensetzung der Leukocyten wird über längere Zeit verändert, genauso wie eine Veränderung und Verringerung der Entzündungsmediatoren.

Die Folge von länger andauerndem negativem Stress oder sehr starkem Stress bei uns Erwachsenen ist bekannt: Ernsthafte Erkrankungen physischer Art wie Hörsturz, Kalzium- und Magnesiummangel, Muskelschwäche, Verspannungen jeglicher Art, Atemschwäche, Hautausschläge bis hin zu Krebserkrankungen können die Folgen sein.

Auf der Psychischenebene löst negativer Stress Ängste, Traurigkeit, Hilflosigkeit, Ärger, emotionsloses Denken, Mutlosigkeit, bis hin zu depressiven Verstimmungen aus um nur wenige Gefühle zu nennen.

Bei Kindern zeigt sich Stress etwas anders:

Bei den 1-5Jährigen zeigt sich negativer Stress in verschiedenen Angst-Formen: Nachtangst, Angst vor Tieren, Klammern, Bettnässen, manchmal Daumenlutschen, Stottern bis hin zu Appetitlosigkeit oder Heisshunger.

Bei den Kindern bis 11 Jahren bleiben die verschiedenen Ängste im Vordergrund. Doch sie reagieren häufiger mit Aggressivität, Klammern oder sozialem Rückzug.

Kinder in der Teenagerzeit bis etwa 14 Jahre reagieren mit Rebellion, Ängsten, Schulproblemen, mangelndes Interesse an Gleichaltrigen, psychischen Problemen.

Junge Erwachsene reagieren ähnlich wie Erwachsene mit psychosomatischen Beschwerden, Hypochondrie, Mädchen gerne mit Menstruationsbeschwerden, (Menstruation bleibt dann oft einfach weg) und Konzentrationsmangel.

Ich habe im oberen Abschnitt bewusst von "negativem" Stress geschrieben. Meines Erachtens gibt es auch positiven Stress. Besonders bei uns Kunstschaffenden: Lampenfieber. Lampenfieber hat fast jeder, der auf eine Bühne geht und sich und sein Können präsentiert. Sei es als Musiker, Sänger, Schauspieler oder auch als Redner.

Ich kann mich gut erinnern, wie ich als Kind auf einem grossen Geburtstag von Verwandten Musik darbringen sollte, als Geburtstagsgeschenk. Ich war sehr aufgeregt. Meine Mutter sagte, ich solle mir einfach vorstellen, dass gar keine Menschen da sitzen, nur Kohlköpfe. Das war für mich ein lustiges Bild und der Auftritt ging gut.

Je älter ich wurde umso besser lernte ich mit Lampenfieber umzugehen und je besser ich vorbereitet bin umso weniger Lampenfieber habe ich im Normalfall. Trotzdem, wenn ich eine Mammutaufgabe vor mir habe, wie die vier letzten Lieder von Richard Strauss und das wirklich sehr schwere Marienleben von Hindemith, da bin ich zu recht etwas nervös. Meistens fängt es schon ein paar Tage vor dem Konzert an, dass Gedanken durch meinen Kopf huschen, so nach dem Motto "Was machst Du, wenn Du rausfliegst?". Versagensszenarien jeglicher Art. Ich versuche die negativen Gedanken gar nicht zu Ende zu denken, sondern ein positives Bild dagegen zu setzten. Das habe ich schon früher gemacht, wenn ich mit dem Zug zur Schule gefahren bin und der Tag wie ein nicht zu bewältigender Berg vor mir lag mit vielen, schweren Klausuren, die geschrieben werden mussten und wichtig waren für die Jahreszensur. Ich stellte mir dann vor, wie ich einige Stunden später zufrieden und glücklich auf dem Nachhauseweg war. Meistens traf es so ein, wie ich es mir am frühen Morgen vorgestellt hatte. Und mit dem Lampenfieber bezogen auf Konzertaufgaben geht es mir ähnlich. Am Konzerttag selber fühle ich mich oft wie in einem Film. Mein Körper scheint sämtliche Funktionen wie runter zu fahren und mich wie in Watte zu packen. Bei der Anspielprobe bin ich wieder präsent um unmittelbar vor dem Konzert noch einmal gänzlich runter zu fahren. Zehn Minuten vor dem Konzert muss ich meistens mehrmals herzhaft Gähnen und ich fühle mich dann oft müde. Doch sobald ich auf der Bühne stehe, ist es wie wenn ein Schalter gekippt würde: Mein Herz beginnt schneller zu schlagen, meine Wahrnehmung schärft sich, ich muss dann aufpassen, dass meine Atmung schön sängergemäss funktioniert. Meistens legt sich die Aufregung nach ein bis zwei Stücken und dann tauche ich gänzlich ab in eine Konzentration, die sich schwer beschreiben lässt. Es ist, wie wenn ich mit dieser Konzentration eine unsichtbare Türe aufschieben würde und in einen sonst verschlossenen Raum eintreten darf in dem ich Zeit und Raum verlasse. Eine Minute könnte dann eine Stunde sein, ich verliere jeden Bezug zur Zeit und zur Realität. Vor meinem inneren Auge laufen Bilder, Farben und Emotionen parallel zur Musik und dem Text ab, wie wenn ich durch eine Galerie laufen würde und mir Bilder anschaue, oder Fotos. Es ist für mich die Versenkung in die Materie, in die Musik, in die Texte. In dieser Phase nehme ich kein Publikum mehr wahr, sondern nur noch die gesammelte Reaktion des Publikums auf die Musik, auf meinen Gesang. Es ist wie eine Energie, die mir entgegen strömt. Ich sehe wohl Menschen und dass sie mich anschauen, aber ich bin für sie nicht direkt erreichbar.

Bei Streamingkonzerten gibt es kein Publikum, das mich in irgendeiner Form ablenken könnte, doch leider spüre ich auch keine wohlwollende, oder warme Energie, die vom Publikum zurück zu mir kommt; ich bin ganz alleine im Raum. Es ist ein sehr einsamer Zustand im Streamingkonzert und trotzdem ist es wertvoll zu wissen, dass irgendwo draussen Menschen vor den Bildschirmen sitzen und teilhaben an dem, was ich ihnen versuche zu geben in diesen einsamen und leeren Zeiten.

Wenn das Konzert vorbei ist, fällt meistens eine grosse Anspannung von mir ab. Es ist wie ein Aufwachen für mich und ein Zurückkehren in die Wirklichkeit. Manchmal fühle ich mich nach grossen Anstrengungen sehr leer, weil ich alle Emotionen gegeben habe, die ich in mir trage. Es dauert oft noch einige Stunden bis ich nach einem Konzert/einer Aufführung wieder in der Realität angekommen bin. Mir hilft oft am nächsten Tag ein Spaziergang in der Natur. Das erdet mich. Übrigens empfehlen viele Wissenschaftler in der Bekämpfung gegen den Stress, sei es nun positiv oder negativ, den Kontakt zur Naur. Alleine die grüne Farbe beruhigt uns nachweislich. Der Puls wird ruhiger, die Atmung tiefer, deswegen sind auch Autogenestraining oder Yoga sehr beliebt zum Stress abbauen oder auch Saunabesuche. Jede Anspannung braucht auch eine Entspannung. Für mich ist es wichtig, nach viel Stress wieder etwas zur Ruhe zu kommen und neue Energie zu tanken. Nach grossen Konzerten und Auftritten versuche ich ein bis zwei Tage ganz ruhig anzugehen, bevor ich mich dann dem nächsten Projekt widme, das ist natürlich nicht immer möglich. Es ist individuell wie jeder Mensch mit Stress umgeht und welche Formen der Entspannung er oder sie findet um sich und sein Leben in der Balance zu halten. Gerade unsere Gesellschaft der Superlativen verführt uns alle zu viel, manchmal zuviel Stress. Alles soll möglichst perfekt sein. Gut reicht nicht mehr aus und darin liegt meines Erachtens eine grosse Gefahr für uns: An unseren eigenen Ansprüchen zu scheitern und darüber womöglich krank zu werden. Zu grosse Erwartungen können sehr stressig sein.

Negativer Stress möchte niemand. Der positive Stress hingegen schon. Ich glaube, dass die meisten Kunstschaffenden diesen geheimen Raum der absoluten Konzentration, des absoluten Seins in der Kunst immer wieder finden möchten. Ich glaube, dass dieser Zustand, des Seins ausserhalb von Raum und Zeit uns Erfüllung schenkt und uns bereichert. Wer diesen Raum in sich gefunden hat, will immer wieder dorthin zurück, doch das geht nur, wenn wir uns in diese absolute Konzentration begeben und diese kann fast nicht oder sehr selten bei Proben oder im Unterricht erreicht werden, sondern wirklich nur bei Konzerten und Auftritten. Und deswegen nehmen sehr viele Kunstschaffende das Lampenfieber, den positiven Stress gerne in Kauf um dann diese geheimnisvolle Türe wieder aufzuschieben und durchzutreten und für eine Weile in diesem Raum ohne Zeit zu verweile, um dabei in unserer Berufung ganz aufzugehen.

Ich wünsche uns allen von ganzem Herzen, dass wir lieber früher als später diesen geheimnisvollen Raum ganz oft besuchen dürfen und unser Publikum mit unserer Kunst und unserer Berufung wieder beschenken können.


Zum Abschluss und auch zum ersten Advent hier für Euch alle eines meiner liebsten Musikstücke, bei denen ich entspannen und Stress abbauen kann:










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