Ungewöhnlich ruhige Adventszeit
Normalerweise brummt die Adventszeit bei uns Musiker*innen. Doch dieses Jahr ist es einmal mehr bei vielen von uns verhältnismässig ruhig. Einmal mehr können wir zu Recht sagen, dass die Pandemischelage Schuld daran ist!
Letzte Woche habe ich erzählt, dass Konzerte vorsorglich abgesagt werden, bei mir betrifft es 2 grössere Konzerte, was ich persönlich sehr schade finde und nach diesen fast 2 Jahren Pandemie das falsche Signal. Logisch, es geht wieder um Geld. Weniger Publikum sind weniger Einnahmen und für viele Veranstalter bedeutet das noch rötere Zahlen. Dazu ist zu sagen, dass bei fast jedem Veranstalter im klassischen Bereich ein Konzert in "normalen" Zeiten generell schon meistens bei 3/4 oder voller Auslastung ein gewisses Minus bedeutet, wenn er die Musiker*innen angemessen bezahlen möchte. Jetzt mit den neuen Pandemie Regelungen dürfen nur noch zwischen 30-50% der Plätze ausgelastet und verkauft werden. Doch gäbe es da nicht Möglichkeiten, die der Pandemie geschuldeten Differenz zurück zu bekommen aus einem Staatlichen Fonds? Wenn es das nicht schon gibt, wäre es sicher eine Überlegung wert.
Was ich auch problematisch finde ist, dass ich als Sängerin und Solistin mündliche Zusagen mache, aber keinen Vertrag bekomme beziehungsweise erst im letzten Augenblick, so dass der Veranstalter bei einer Absage mir als Solistin kein Geld geben muss. Doch das Geld, mit dem ich gerechnet habe, löst sich mit jeder Absage zu Schall und Rauch auf.
Meinen Versicherungen ist das egal, die wollen so oder so ihr Geld haben. Doch auch ich würde gerne meiner Familie ein schönes Fest mit sinnvollen Geschenken (Keine Socken oder Gutscheine ;) ) bereiten. Das wird mir dadurch einmal mehr erschwert.
Diese vorauseilenden Absagen kommen mir vor wie ein Harakiri der Kultur.
Die kreativen Kämpfer der Kultur
Doch zum Glück sind nicht alle so voreilig!
Ein erfreuliches Beispiel finde ich an der Humboldt Universität zu Berlin. Am Donnerstag hatte ich wieder die Möglichkeit den Chor für das bevorstehende Weihnachstoratorium aufzuwärmen und nach den 30 Minuten dann noch eine Stunde jeweils für 20 Minuten mit einzelnen Sänger*innen zu arbeiten.
Die Anspannung war bei allen Beteiligten sehr gross in Anbetracht der am nächsten Tag stattfindenden Sentassitzung in Berlin, die die Beschlüsse der Bundesregierung auf das Land Berlin umzusetzen haben. Was würde entschieden werden? Würde die Kultur wieder schliessen müssen? Keine Konzerte mehr stattfinden dürfen? Oder vielleicht doch unter 2G oder 2G plus? Der Chor war auch seit meiner letzten Anwesenheit deutlich geschrumpft, obwohl er, wie die allermeisten Chöre inzwischen, auf 2G plus probt. Jeder der Anwesenden ist Geimpft, Genesen UND getestet und während der Probe singen alle mit Maske! Das bewundere ich sehr!
Ich hatte auch die Gelegenheit mit Constantin, der den Chor leitet zu sprechen. Er hat alle Hände voll zu tun die Proben in den entsprechenden Räumlichkeiten abzuhalten und alles Mögliche und Unmögliche zu organisieren. Es muss ja genügend Platz vorhanden sein, regelmässig gelüftet werden etc. Zur Zeit sind wirklich sehr viele verschiedene Faktoren zu berücksichtigen und es braucht eine gewisse Kreativität und Mut solche Projekte durch zu ziehen. In Constantins Fall steht am Donnerstag die HP an mit Orchester. Doch wohin mit den ganzen Leuten? Dafür eine Kirche zu bekommen war erstens zeitlich nicht machbar, aber auch finanziell nicht. Die Räume müssen ja gemietet werden und meistens zu einem stolzen Preis. Das Orchester mit dem Chor in den Chorsaal zu quetschen, daran war nicht zu denken unter Pandemiebedingungen. Vielleicht das Orchester im einen Raum mit Video und Klang Übertragung und der Chor im Chorsaal? Ging technisch nicht.
Nun wird wahrscheinlich die HP so stattfinden, dass der Chor auf den Treppen des Treppenhauses verteilt steht, und das Orchster im Foyer. In der Uni ist zum Glück das Foyer grosszügig und das Treppenhaus auch. Eine ungewöhnliche HP in ungewöhnlichen Zeiten.
Statt der 350 Plätze dürfen sie jetzt nur noch 200 verkaufen, das bedeutet, dass die beiden Konzerte, die aller Voraussicht stattfinden werden in dunkelroten Zahlen landen. Trotzdem ist es für alle Beteiligten sehr wichtig, dass die Konzerte stattfinden. Für den Chor genauso, wie für das Orchester und die Sänger*innen, für Constantin selber und nicht zuletzt für das Publikum. Wir alle brauchen die Seelennahrung und zwar dringend!
Die aktuellen Pandemiemassnahmen in Berlin
Nun wurde vom Berliner Senat bekannt gegeben, dass de facto ein Lockdown für die Ungeimpften gilt. Für Ungeimpfte gelten auch Kontaktbeschränkungen, nur, wer soll das kontrollieren?!
Im Klartext heisst das: Alle Restaurants, Läden des nicht täglichen Bedarfs, die kulturellen Einrichtungen dürfen unter 2G offen bleiben. Auch Clubs und Bars dürfen unter diesen Bedingungen auf sein, es darf einfach nicht getanzt werden, sondern nur die Gäste bewirten werden mit Getränken und Speisen, aber das gibt auch diesen Stätten eine Chance, weiterhin zu bestehen. In all den genannten Einrichtungen werden die entsprechenden Zertifikate streng geprüft. Man kann sagen, diesmal bekommen alle eine gerechte Chance und werden nicht wieder mit einem gesamt Lockdown abgestraft, zumindest vorläufig.
Auch die Weihnachtsmärkte dürfen offen bleiben und die Sporteinrichtungen müssen auch nicht schliessen. Da bin ich besonders für die Kinder froh und dankbar.
Vielleicht wird es auch mir trotz der Konzertabsagen dieses Jahr wieder etwas weihnachtlicher zumute. Meine kleine Tochter Jalia erleichtert mir in dieser schwierigen Zeit vieles. Dank ihr habe ich schon Plätzchen gebacken und werden wir noch mit einem Freund gemeinsam backen und war ich schon auf einem Weihnachtsmarkt im Prenzlauerberg um festzustellen, wie teuer alles ist. Ein mittleres Lebkuchenherz kostet 5 Euro. Eine Fahrt, die vielleicht 2-3Minuten dauert auf dem Karussell 2.50Euro. Eine kleine Zuckerwatte 2 Euro. Es ist ein Wahnsinn und trotzdem tut es gut nach dem nur grauen letzten Advent, wo die Stadt insgesamt gar nicht weihnachtlich erscheinen wollte, wieder mal etwas wie Advents und Weihnachtsstimmung zu erleben.
In dem Sinne wünsche ich allen von Herzen einen schönen, besinnlichen 2. Advent!
Nächste Woche erzähle ich Euch von den winzigen Weihnachtskonzerten, die mir noch geblieben sind und wie die vor sich gehen. Das ist eine ganz andere Welt, als jene der Philharmonie oder der Kirchenkonzerte....Lasst Euch also überraschen!
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