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Burgdorf, Schweiz
AutorenbildYvonne Friedli

Die lustige Witwe oder was ist eine Tanzoperette?

Tanzen im 3/4 Takt

Wir befinden uns mitten in den Proben zur lustigen Witwe.

Jeder Akt in der "lustigen Witwe" ist ein Ballfest für sich und viele Melodien im 3/4 Takt. Logisch, dass da auch getanzt werden muss.

Im Studium ist es wirklich wünschenswert eine solide Bewegungsausbildung als Sänger:in zu erhalten. Bei mir war das halbwegs der Fall. Den Rest habe ich selber nachgefüttert über die Jahre mit Ballett und Jazztanzen.

Tanzen ist ehrlich zugegeben nicht eine meiner stärksten Seiten, obwohl ich es gerne mache.

Für Produktionen wie "die lustige Witwe" steht zum Glück ein Choreograph zu unserer Seite. Sascha Semenchukov, ein sehr erfahrener Tänzer und Choreograph, der unter anderem in Magdeburg eine Ballettschule leitet: http://ballettschule-semenchukov.de/

Sascha kennt die Schwierigkeiten mit dem Tanzen und singen. Er hat das Geschick uns auf natürliche Weise tanzen zu lassen, ohne dass es aussieht wie wenn der Choreograph einen Tanz angeordnet hätte und er ist mit meinen beiden linken Füssen geduldig und weiht mich in viele Tricks ein.

Mit jeder Choreographischen Probe wächst mein Respekt vor der Leistung der Tänzer:innen. Wir haben oft nur 1-2 Minuten, die wir zu tanzen haben. Dafür brauchen wir meistens eine Stunde um die Schritte und Bewegungen einzustudieren und viele weitere Proben um die Schritte zu festigen. Wie lange werden wohl Profis brauchen für ein ganzes Stück wie Schwanensee? Diese unglaubliche Koordination und Kondition ist wirklich bewundernswert.


Geschichtliche Hintergründe

Die Operette, die eigentlich wortwörtlich übersetzt "kleine Oper" bedeutet, vereint alles in einem: Schauspiel, Sprechdialoge, Tanz und Musik. Sie ist als Antwort auf die Französische Opéra Comique entstanden und hat sich an vielen Orten Landes- und Ortstypisch weiterentwickelt. Ihre Glanzzeit erlebte dieses Genre Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts. Sie war auch als Antwort auf die vom Hofe finanzierte Oper zu verstehen. Operetten wurden oft von privaten Wandertruppen aufgeführt und wurden von den Höfen nicht finanziell unterstützt. Immer mehr wurde die Operette an Volkstheater für zahlungskräftiges Publikum aufgeführt.

Nach Léhars Sensationserfolg mit seiner "lustigen Witwe" war es schwer für die nachfolgenden Komponisten etwas Ähnliches und ebenso Gutes auf die Bühnen zu bringen. Der Stoff wurde kopiert und variiert.

Während der Nazidiktatur in Deutschland wurden viele Operetten vom Spielplan verbannt wegen "entarteter" Musik.

Nach dem 2. Weltkrieg hatten die neuen Medien wie Film, Kino, Revue, Radio und Schallplatten grossen Einfluss auf das musikalische Geschehen. Léhar selber näherte sich immer mehr der Oper in seinem Kompositionsstil, was in seinem letzten Werk "Giuditta" erkennbar ist. Andere wanderten ab in Richtung Broadway und dem neu aufkommenden Musical. Wobei manche frühe Musical wie "my Fair Lady" noch sehr an die Operette erinnern. Der Grat ist sehr schmal und verwischt die verschiedenen Formen.

In der Operette wurde immer getanzt und sind daher verschiedene Tanzformen anzutreffen. Die bekanntesten Formen sind der Walzer, die Mazurka und der Cancan. Es gibt Operetten, die wirklich als Tanz Operetten bezeichnet werden, wo fast nur getanzt wird und solche wo weniger getanzt wird und es mehr um die Dialoge und die Handlung geht.

Operetten sind durchaus auch von der politischen Zeit der jeweiligen Entstehung geprägt, aber das wird nicht in Tragik dargestellt sondern mit einer leichten Beschwingtheit und einer Prise Humor. Das Publikum soll unterhalten aber auch zum Nachdenken angeregt werden.

Der grösste Unterschied von der Operette zur Oper ist, dass die Operette die musikalischen Stücke, welche die dramatische Handlung unterstreichen, mit Dialogen überbrücken- ähnlich wie beim Singspiel. Die Oper ist ab dem 19.Jahrhundert meistens in durchkomponierten Form anzutreffen, so dass also alle Dialoge gesungen werden, manchmal auch in rezitativischer Form.


Für Sänger:innen ist die Operette eine grosse Herausforderung. Alleine der Wechsel von Sprechen zu singen muss geübt und trainiert sein. Die Freude am Spielen sollte man auf jeden Fall mitbringen und bitte, nach Möglichkeit, keine zwei linke Füsse...

Es erfordert eine Grundkondition, dass man singen und tanzen kann ohne ausser Atem zu geraten.

Viele Operetten sind in ihrer Handlung und ihren Charakteren zeitlos. Die Melodien bis heute aktuell. Wenn dann die Ausstattung und das Bühnenbild stimmen, kann das Publikum sich für eine wunderbare Zeit in eine andere Welt entführen lassen, so wie hoffentlich hier in Schönebeck auch sehr bald, wenn der 24. Operettensommer eröffnet wird.







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