Meine Begegnung mit Professor Peter P. Pachl
2018 sang ich als Solistin das Abschlusskonzert von der Musik-Woche "Tage des Friedens" in Berlin, die an das Ende des 1. Weltkrieges erinnern sollte. Das Werk dieses Konzertes war das "Te Deum" vom Komponisten Walter Braunfels. Bis zur Einstudierung des Werkes hatte ich noch nichts von Walter Braunfels gehört oder gekannt. Sein Enkel, der Architekt, Stephan Braunfels, setzt sich zu Recht dafür ein, dass die Werke seines Grossvaters wieder aufgeführt werden. Walter Braunfels gehörte lange Zeit zu den "vergessenen" Komponisten. Jemand, den gerade diese Komponist:innen brennend interessierte war Professor Peter P. Pachl. Er war damals Intendant der Berliner Symphoniker, die das "Te Deum" als Orchester mitgestalteten. Es ist ein wirklich sehr grosses Orchester mit viel Blech und Pauken. Der Chor muss auf jeden Fall 100 Mann stark sein um dieses Friedensmanifest gerecht gestalten zu können. Die Soli, Sopran und Tenor, liegen insgesamt hoch, brauchen aber wirklich mächtige Stimmen um über den Chor und das Orchester zu gelangen. Kurz: Für alle Beteiligten eine grosse Herausforderung.
Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich am Vormittag beim Einsingen vor der Generalprobe eine Migräneattacke bekam. Das war sehr unangenehm. Trotz der Aura blieb ich ruhig, sang mich ein und ging auf dem Weg zur GP in die nächste Apotheke und kaufte ein Migränemittel, das meistens ganz gut hilft, so auch diesmal. Etwas blass im Gesicht sang ich die GP und am Nachmittag legte ich mich etwas hin. Ich war an dem Tag sehr müde und Kopfschmerz geplagt. Trotzdem gelang es mir meine ganze Konzentration zu fokussieren und dieses Konzert zu aller Beteiligten grosser Zufriedenheit zu singen.
Es war für mich ein grosses Erlebnis, das mir viel Freude machte, trotz Migräne.
Hinterher sassen viele der Beteiligten noch in einem Restaurant. Stephan Braunfels und Professor Pachl sassen in meiner Nähe. Stephan Braunfels schenkte mir Aufnahmen seines Grossvaters, über die ich mich sehr freute. Ihm ist es in jüngster Zeit gelungen, dass die Oper "Die Vögel" von seinem Grossvater international aufgeführt wird. Leider ist in dem Werk keine passende Rolle für mich dabei, was ich sehr bedaure. Ich würde gerne noch mehr Braunfels singen und mehr Werke von ihm kennen lernen.
Peter P. Pachl erzählte mir von den Werken der Komponisten, die er gerne auf die Bühne bringen möchte. Alleine in dem einen Gespräch mit ihm bekam ich eine kleine Ahnung, was für einen Wissensschatz dieser Mann in der Musikwelt hat, der weit über das übliche Repertoire hinausging. Es war ein schöner und sehr interessanter, lehrreicher und unterhaltsamer Abend auf den ich heute gerne zurückblicke.
Unsere Wege gingen wieder auseinander und dann hat mich die Nachricht erreicht, dass Professor Peter P. Pachl am 15.11.2021 gestorben ist. Es hat mich schockiert. Er wurde mitten in der Arbeit zu "die heilige Cäcilia" aus dem Leben gerissen. Wie mir ist es vielen seiner Wegbegleiter gegangen.
Der unermüdliche Sucher und Freund der vergessenen Komponisten
Peter Pachl wurde am 24.4.1953 in Bayreuth geboren. Er erhielt einen Teil seiner musikalischen Ausbildung bei den Regensburger Domspatzen und studierte im Anschluss in München Musik-, Theater- und Sprechwissenschaften. Seine Promotion schrieb er 1977 über Siegfried Wagner und war mit 19 Jahren Initiator und Mitbegründer des Siegfried Wagner Vereins, den es bis heute gibt und der die Werke von Siegfried Wagner zur Aufführung bringt und so vor dem Vergessen bewahrt. Als Regisseur war er an zahlreichen Theatern tätig, veröffentlichte als Autor zahlreiche Schriften und Bücher und hatte später verschiedene Lehrstühle an Universitäten inne. Zuletzt in Berlin an der Beuth-Hochschule für Technik. Daneben widmete er sich den vergessenen Komponisten wie Siegfried Wagner, der immer im Schatten seines übermächtigen Vaters Richard steht, Peter Cornelius, Erwin Schulfohh, Ludwig Thuille, Karl Goldmark, Anton Urspruch, Martin Plüddemann und vielen mehr. Peter Pachl schien ein unermüdlicher Forscher gewesen zu sein, und blieb beharrlich bei seiner Arbeit wieder entdeckte Werke zur Aufführung zu bringen. Er setzte sich massgeblich dafür ein diese Kultur wieder zu beleben. Oftmals wurden diese Komponisten zu Unrecht vergessen. Manche waren Opfer der Zensur während des Naziregimes und des zweiten Weltkriegs, andere gingen so vergessen, weil sie in ihrem näheren Umkreis keine Unterstützer:innen hatten, die ihr Werk über ihren Tod hinaus weitertrugen und förderten. Und ganz ehrlich: Es gibt auch heute nicht besonders viele Menschen wie Peter Pachl, der gerade diese Komponisten und ihre Werke unterstützt und fördert und wiederbelebt.
Umso erfreulicher ist es, dass er in Thomas Hennig einen Chorleiter, Dirigenten und Komponisten fand, der bereit war sich auf dieses Abenteuer einzulassen und der diesen Weg auch weiter beschreitet. Dazu muss gesagt sein, dass Thomas Hennig, die Offenheit, den Mut und das Geschick besitzt, unbekannte Werke mit bekannten zu kombinieren in Konzerten. So war er auch für die Einstudierung vom "Te Deum" Braunfels` verantwortlich.
Gedenkkonzert für Professor Peter P. Pachl
Seit der Pianist Scott Curry der erste Vorsitzende des Richard Wagner-Verbands Berlin Brandenburg ist, gestaltet er sehr abwechslungsreiche Abende mit Vorträgen und Musik und lädt dazu die unterschiedlichsten Gäste ein.
Am 21.2.2022 sollte Professor Peter Pachl ein Abend beim Wagner-Verband Berlin gestalten, wozu es leider nicht mehr kam.
Anstelle dessen hat Scott Curry ein sehr vielfältiges Programm bestehend aus Arien, Liedern und Klaviersolostücken mit den Lieblingskomponisten von Peter Pachl zusammengestellt, bestehend aus Thuille, Cornelius, Sigfried Wagner, Urspruch, Goldmark und Plüddemann. Dazwischen gab es immer wieder kurze Ansagen und eine sehr interessante, kurzweilige Laudatio von Thomas Hennig auf Peter Pachl.
Es wurde trotz des eigentlich traurigen Anlasses auch herzlich gelacht, als der Bassbariton Haakon Schaub zum Beispiel das urkomische "Urschlamm-Idyll" von Ludwig von Thuille zum Besten gab oder Scott Curry gemeinsam mit dem Tenor Hans-Georg Priese und Haakon Schaub, begleitet von Thomas Hennig am Klavier, das Terzett von Peter Cornelius "Der Tod des Verräters" zum Besten gab. Auch als Hans-Georg Priese einen Brief von Richard Wagner an seinen Freund Peter Cornelius sang musste das Publikum herzlich lachen.
Der Abschluss bildete das wunderschöne Duett von Liebhold und Hulda aus Siegfried Wagners "Schwarzschwanenreich", das ich gemeinsam mit Hans-Georg gestalten durfte.
Es war ein sehr schöner, vielfältiger und bereichernder Abend für alle Beteiligten.
Einige, die Peter Pachl besser gekannt haben als ich, meinten, dieser Abend hätte Peter sehr gefreut.
Der heimliche Held dieses Abends war aber Scott Curry, der das ganze Programm sorgfältig zusammen gestellt, mit uns geprobt hat und uns am Abend virtuos begleitet hat.
Danke, lieber Scott, dass ich bei diesem denkwürdigen Konzert Gast sein durfte und durch Dich und indirekt Peter Pachl soviele schöne, mir bis dahin unbekannte Musik kennenlernen durfte! Auf hoffentlich viele nächste Male!
Ein paar interessante Links zu den beiden Verbänden zum stöbern findet ihr hier:
Und einen Ausschnitt aus dem Te Deum möchte ich Euch nicht vorenthalten:
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