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Burgdorf, Schweiz
AutorenbildYvonne Friedli

Ruhe nach dem Sturm ist die Ruhe vor dem Sturm



Die Premiere

Am Premieren Tag ging ich in aller Ruhe Frühstücken. Nach dem Frühstück legte ich mich noch einmal hin. Für mich im normalen Alltag sehr ungewöhnlich. Doch in der Entspannung konnte ich noch einmal in aller Ruhe das ganze Stück musikalisch und auch Szenisch durchgehen. Später schaute ich mir noch einmal die Noten an. Parallel dazu packte ich meinen Koffer. Am nächsten Tag sollte es gleich nach dem Frühstück zurück nach Berlin gehen. Draussen war es sehr kalt und es fielen sogar Schneeflocken. Gegen 16Uhr ging ich los in Richtung Theater. Der Spaziergang und die kalte, frische Luft taten mir gut.

Im Theater legte ich die Premieren-Geschenke hin. Ich hatte für alle Beteiligten Strelitzien-Samen organisiert. Immerhin gilt Sophie Charlotte als Königin der Gärten und die Strelitzie wurde nach ihr benannt.

Um 17 Uhr hatte Kirsten Schötteldreier Zeit für mich. Dafür war ich dankbar. Es gab mir die Ruhe und Kraft, die ich nun für die Premiere brauchte.

Um 18.15Uhr war bereits meine Maskenzeit. Ab diesem Zeitpunkt verging die Zeit wie im Flug.

Es lag eine besondere Spannung über der Bühne und diese Spannung ermöglichte uns allen unsere beste Leistung abzurufen. Mir machte es einfach unglaublich viel Freude diese Partie zu singen und spielen und ich freute mich darüber, dass alles wirklich gut über die Bühne ging, bei allen von uns, nicht zuletzt dank dem fantastischen Dirigat von Robert Reimer, der es schaffe das Orchester und die Sänger:innen durch dieses Stück zu tragen.

Nach dem langen Applaus mit Standing Ovation zog ich mich um und ging zur Premierenfeier, die im Keller des Theaters stattfand.

Die Ansprache von Herrn Müller war angenehm, auch mit Humor und auf den Punkt gebracht.

Danach unterhielt ich mich noch mit Kolleg:innen und auch Leuten aus dem Publikum.

Ich wurde bald müde, so dass ich gegen 0.30Uhr mit Jochen ins Hotel ging. Wir waren um 1.00Uhr im Bett.

Am Sonntag waren wir trotz Allem um 7.00Uhr wach. So standen wir auf, gingen Frühstücken und fuhren zurück nach Berlin.

Erst jetzt kam die Abspannung nach diesen verrückten Wochen langsam zum Vorschein.

Und die ersten Rezensionen. Was mich dabei überraschte war, dass die Premiere über die Landesgrenzen von Mecklenburg hinaus beachtet wurde. So fand sich auch ein Artikel in der Zeit Online oder der Süddeutschen Zeitung. Das freute mich sehr.




Die Woche nach der Premiere

Da Jalia weiterhin in die KiTa ging stand ich wie immer um 7.00Uhr auf. Doch das fiel mir in der Woche nach der Premiere wirklich schwer. Am Montag war mir wie schwindlig vor Müdigkeit, da half mir auch meine morgendliche Atem-Meditation nicht viel und auch keine kalte Dusche. Mein Körper und meine Seele forderten nach der Intensiven Zeit einfach zu Recht Erholung.

Ich schaute, dass ich in dieser Woche alles langsamer anging und mir soviel Ruhe gönnte wie es möglich war neben der sonstigen Arbeit, wie Unterrichten und Organisation von weiteren Projekten und jede Menge Bürokram, der in der Zeit zwangsläufig liegen geblieben ist. Ich musste erst mal wieder in meinem Alltag ankommen. Viele Spaziergänge in der Natur taten mir gut und die ersten Arbeiten im Garten. Es machte mir viel Freude mit Jalia zum Ballett zu fahren und nun da die Schwimmbäder auch wieder fast "normal" zugänglich sind, konnten Jalia und ich spontan ins Bad fahren zum Schwimmen üben. Es freute mich auch, dass ich Miriam helfen konnte die Osternestchen der KiTa-Kinder zu verstecken und Jalias Gruppe dann beim Suchen mit zu betreuen.

Jalia und ich gingen auch zusammen bummeln. Kurz, ich machte alles andere als singen und das war gut so. Am Abend genoss ich die Wärme unseres Holzofens und gönnte mir ein Glas Rotwein oder ging früh schlafen. Mit jedem Tag kam etwas mehr Energie zurück. Doch ich war wirklich dankbar, dass ich eine Woche hatte, wo ich mich erholen konnte und nicht gleich auf die nächsten Proben springen musste.

Erst am Freitag begann ich wieder mit dem Singen, als ich mit Byron weiter an Salome und Chrysothemis arbeitete.

Ab Sonntag holte ich die Partie von Sophie Charlotte wieder hoch. Wenn ich Musik sehr schnell gelernt habe, vergesse ich sie auch gerne wieder zu schnell und das wollte ich unbedingt vermeiden.


Von Höhenflügen und Tiefen die folgen

Ich glaube, etwas vom schwierigsten im Künstlerberuf ist eine Balance zu finden zwischen intensiven Phasen und danach der Entspannung, die unweigerlich folgt. Wir erleben durch unsere Arbeit extreme energetische Höhen, die manchmal fast ans manische Grenzen, wo man sein ganzes Sein auf eine Aufgabe konzentriert und in ihr völlig aufgehen kann, auf die fast immer energetische Tiefen folgen bis hin zu tiefen Leeren, die es wieder zu füllen gilt. Diese Leeren sind wie schwarze Löcher in der Seele. Es ist als hätte man in dem Moment keine Emotionen mehr, die man empfinden kann. Natürlich kommen die Emotionen zurück, wenn man sich etwas Ruhe gibt, doch auch das braucht seine Zeit und glaubt mir: Reisen von einem Auftrittsort zum nächsten zählen definitiv nicht zur Rubrik "Erholung"! Besonders dann nicht, wenn noch eine Zeitverschiebung stattfindet. Ausnahmen bestätigen natürlich, wie immer, die Regel.

Wie jeder von uns mit seiner ihm gegebenen Energie umgeht ist natürlich individuell. Es gibt Kolleg:innen die diese Energie, die ich für die 3 Wochen brauchte, sicher über mehrere Wochen oder gar Monate aufrecht erhalten können und es gibt Kolleg:innen, die das keine Woche in der Form durchhalten würden. Das heisst nicht, dass der eine, der das länger durchhält dadurch der bessere Künstler ist als der andere, der es in der Form nicht schaffen würde. Mit der Qualität der künstlerischen Leistung hat das nicht viel zu tun. Was wir alle gemeinsam haben ist die Aufgabe mit diesem Kreislauf von Energie geben und Energie wieder auftanken umgehen zu lernen und eine für uns individuelle Strategie zu entwickeln unsere Energie nach grossen Anstrengungen wieder aufzutanken.

Bei mir funktioniert das zum Glück immer besser. Die Woche nach der Premiere fühlte ich mich zum ersten Mal nicht Leer sondern viel mehr müde erfüllt und dafür bin ich dankbar.

Die nächsten Aufgaben warten schliesslich auf mich: Die Aufnahme für Salome, Chrysothemis und Elsa, dann die weiteren Vorstellungen von Sophie Charlotte (Ostersamstag, 19.30Uhr und Ostermontag 16Uhr) und im Sommer meine erste Hanna in "Die lustige Witwe" von Léhar in Schönebeck bei Magdeburg.

Nun wünsche ich Euch allen schöne, frohe Ostertage!










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