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Burgdorf, Schweiz
AutorenbildYvonne Friedli

Zwischenakt- oder das Schleusenkonzert bei Magdeburg

Rückblick und Ausblick

Wer schon einmal eine Schiffsreise unternommen hat, weiss, dass wenn man gewisses Terrain passieren will, man mit dem Schiff durch eine Schleuse fahren muss.

Eine Schleuse ist für mich etwas sehr faszinierendes. Als Kind bin ich auf einer Aarenschiffsfahrt mal auf dem Schiff durch eine solche gefahren worden. Es war faszinierend zu beobachten, wie in dieser Kammer, wo das Schiff sich befand, sich das Wasser absenkte, so dass wir dann auf dem neuen Niveau weiterfahren konnten. Das war eine kleine Schleuse. Je grösser die Flüsse um so majestätischer die Schleusen. Eine recht beachtliche Schleuse habe ich in Hohenwart bei Magdeburg kennen gelernt. Sie wurde von 1999 an gebaut und im Oktober 2003 eröffnet. Seither passieren diese Schleuse regelmässig verschiedene Schiffe. Ihre Wände sind, wenn das Schiff auf dem tiefsten Punkt angelangt ist, fast 20 Meter hoch und die Länge ist mit 190 Meter beachtlich. Eine richtig grosse Kammer.

Wenn das Schiff unten ist, hört man in dieser Schleuse selbst eine Stecknadel fallen, wie in einem Konzertsaal...und genau zu so einem wird am kommenden Sonntag die Schleuse umgenutzt.

Burkhard von Puttkamer hatte vor nun fast 20 Jahren die brillante Idee Konzerte dort zu veranstalten um den Kreuzfahrtbesuchern die Wartezeit in der Schleuse zu verkürzen und ihnen ein unvergessliches Erlebnis zu bescheren.

Das erste Mal sang ich im Mai 2016 mit und zwar die "Carmina Burana" mit Orchester und Chor. Die Akustik und Atmosphäre waren beeindruckend.

Wir mussten am frühen Nachmittag da sein, damit wir rechtzeitig an Board des Schiffes kamen. Der Schleusenvorgang dauert seine Zeit und wenn er mal begonnen hat gibt es kein Runter- oder Raufkommen auf das Schiff.

Mir wurde eine Kabine als Garderobe zugewiesen wofür ich dankbar war, weil ich einen winzigen Passagier dabei hatte, meine damals 5 Monate alte Tochter. Während ich sang, passte mein Mann auf die Kleine auf.

Doch bevor es losgehen konnte, musste der Flügel mit einem Kran auf das Schiff gehoben werden. Das war beeindruckend zu sehen, wie dieses schwere und massige Instrument in die Kammer hinunter schwebte. Er wirkte in dieser grossen Kammer klein und filigran. Ein Bild, wie es sich Salvador Dali nicht besser hätte ausdenken können.

Mit Einbruch der Dunkelheit ging das Konzert los. Die Akustik war wirklich einmalig und es machte viel Freude ein Teil dieses Erlebnisses zu sein.

2020 sollte es eine Wiederholung beziehungsweise Neuauflage der Carmina dort geben, doch dann kam Corona. Es durften keine Kreuzfahrtschiffe fahren, geschweige denn Konzerte gehalten werden. Alles wurde auf 2021 verschoben. Doch auch diesmal sollte es nicht sein, immer noch erlaubten es die Pandemiebestimmungen nicht, dass Konzerte abgehalten werden, oder Kreuzfahrschiffe fahren durften. Alle guten Dinge sind drei: Nun findet dieses Konzert also diesen Sonntag statt.

Es wird an Deck der "Excellence Coral" stattfinden, einem exklusiven Schiff des Mittelthurgauischen Schiffsreise Unternehmen.


Der Konzerttag

Da wieder einmal Schienenersatzverkehr war zwischen Karow und Pankow ging ich früh los. Trotzdem wurde die Reise zum Bus nach Südkreuz eine Nervenpartie. Ich schaffte es geradeso rechtzeitig in den Bus zu steigen. Die Busfahrt war gemütlich und wir kamen pünktlich in Hohenwart an. Bald ging es an Deck des Schiffes. Da das Schiff verspätet angekommen war, hatte sich der ganze Aufbau verzögert.

Im Schiff hatte ich das Glück mit einigen Kolleginnen eine Kabine zu teilen, wo wir uns auch etwas zurückziehen konnten.

Statt um 16Uhr startete das Konzert um 17Uhr. Der eine Flügel wurde mit dem Lastenkran vorsichtig auf das Schiff herunter geschwebt. Das ist immer wieder aufs Neue ein faszinierender Anblick.

Das erste Konzert gestaltete sich sehr stimmungsvoll. Die Akustik in der Schleuse ist wirklich einmalig und wird höchstens von einem Schwalbenschrei durchkreuzt, die auf Insektenjagd sind in der Schleuse. Die Schleuse ist 3 Mal so gross wie die Semperoper in Dresden. Bei leisen Stellen kann man die berühmte Stecknadel fallen hören. Das Publikum war schien sehr glücklich zu sein mit dem Konzert.

Das zweite Konzert sollte eigentlich um 19.30Uhr starten. Doch da das erste Konzert hatte auch mit Verzögerung stattgefunden. Nun mit dem Hochfahren des Schiffes, dem umsteigen des Publikums und dem Zurückkommen der eigentlichen Passagiere gab es noch mehr Verzögerung. Auch die Rückfahrt des Publikums nach Magdeburg gestaltete sich auf einmal schwieriger, weil die vorgesehenen Busfahrer ihre vorgeschriebene Ruhepause machen mussten. So fuhr der Chorbus die Leute zurück, was dann wiederum für uns eine Abfahrtsverzögerung bedeuten würde, so dass wir erst gegen 23.30Uhr losfahren würden.

Die zurückgekommenen Passagiere der "Coral" wollten auch Abendessen. Also wurde das zusätzliche Publikum schon auf Deck gesetzt, die Passagiere gingen Abendessen und Burkhard von Puttkammer überbrückte die Pause charmant mit Interviews und sang zur Freude des Publikums Lieder und Arien, bis es für das zweite Konzert endlich so weit war.

In der Pause zwischen den Konzerten wurden wir Künstler eingeladen und konnten etwas essen und trinken.

Gegen 20.30Uhr begann das zweite Konzert. Diesmal war es dunkel in der Schleuse und es war dadurch sehr stimmungsvoll. Die Carmina Burana ist ein sehr sinnliches Werk und es war toll dieses schöne Werk an diesem speziellen Ort zum klingen zu bringen.

Nach dem Konzert hatte ich grosses Glück: Ich fand Platz in einem PKW, so dass ich um Mitternacht in Berlin war und mit der S Bahn nach Blankenburg zurück fahren konnte, wo mein Auto stand.

So war ich nach einem langen, sonnigen und musikerfüllten Tag nicht allzu spät zu Hause. Der Wecker am nächsten morgen würde wie immer um 6.45Uhr klingeln...






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